Veranstaltungen 2015

Monique Schwitters und Ulrike Ulrich

Ort: Literaturhaus am Inn

Moderation: Monique Schwitter und Ulrike Ulrich

Zum Auftakt des Literaturhaus-Herbstes sprechen Anna Rottensteiner und Gabriele Wild mit den deutsch-schweizer Autorinnen u. a. über das Schreiben, das Reisen und die Suche nach dem Glück.

Johann Nepomuk Eduard Ambrosius Nestroy

Ort: Literaturhaus am Inn

Moderation: Bernhard Fetz und Antonio Fian

Eine Annäherung in Gesprächen und Lesungen an den Schauspieler, Sänger, Dramatiker und Wiener Vorstadttheater-Autor

Jeder Zeit ihr Nestroy – Es hat ihn ja auch jede Zeit bitter nötig, nicht zuletzt unsere, in der sich unter dem Druck einer durchökonomisierten Gesellschaft der Mensch in seiner ganzen Niedertracht und Dummheit präsentiert. Dass sich mit dem, was man Fortschritt nennt, vieles ändert, aber eben nicht der Mensch, zeigt sich auch darin, dass Nestroy Stücke nichts an Aktualität, Brisanz und Treffsicherheit eingebüßt haben. Freiheit in Krähwinkel, Der Schützling, Der Talisman, Der Unbedeutende – Antonio Fian, seinen Zeitgenossen selbst ein Nestroy mit modernen Mitteln, hat vier Stücke ausgewählt, Klassiker und weniger bekannte, eine Art Quintessenz. Und er hat sie ergänzt, durch eine Auswahl von Briefen, in denen wir Johann Nestroy (1801 – 1862), den Klassiker, den „Fixstern am Weltliteraturhimmel“, in die alltäglichsten Angelegenheiten verstrickt sehen – als erstaunlichen Menschen.

Raphaela Edelbauer, Barbara Hundegger, Petra M. Kraxner

Ort: Literaturhaus am Inn

Die „dauernd qualmenden, viktorianischen Schlote des Literaturbetriebs, die pausenlos pittoreske Schriftstellerexistenzen und gefügige, kompromissbereite Texte hervorwirtschaften“, nennt es Edelbauer. „Ein Job allein, der reicht … auch bei den Künstlern und Künstlerinnen nicht … nebenher Bücher und / oder mit Sinnsprüchen bedruckte Klopapierrollen produzieren, Kinder gebären und / oder adoptieren, häkeln und / oder schießen lernen, daraus ein neues Projekt machen und schnell verkaufen, bevor’s ein anderer klaut“, beschreibt es Kraxner. Die „geschlechtsbezirke der literatur“ nennt es Hundegger, berichtet vom „moderator, der mehr bekommt als die autorin, über die er moderiert und ohne die er nichts zu moderieren hätte“, vom tunlichst „klaglosen einordnen in marktwirtschaftliche logiken und dem unterordnen künstlerischer ansprüche unter die erfordernisse eines möglichst friktionsfreien verhältnisses zu veranstalterInnen, verlagen, verantwortlichen oder sogenannten ,Sponsoren‘“ – aber auch vom „eigenartig schizophrenen leben zwischen künstlerischer anerkennung und versteckter armut“.
Literatur quasi von innen – also: „Augen auf bei der Berufswahl!“

Friedrich Achleitner

Ort: Literaturhaus am Inn

Moderation: Ulrike Tanzer

Otto Grünmandls Zimmertheater

Sprachparadoxie mit Witz und Hintersinn

Herr Feige und Herr Mut unterhalten sich über einen mutmaßlichen Feigling; in des Teufels Küche sitzt ein Möchtegern, der keiner sein will; ein besoffener Kapuziner und ein Mohr im Hemd gehen am Wiener Stephansplatz auf einen Türkischen Honig; und im Hinterzimmer des Braugasthofes findet ein sechzigjähriges Maturatreffen statt. Friedrich Achleitner, der als Mitglied der legendären Wiener Gruppe einst die Mythen der traditionellen Poesie in ihre Teile zerlegte, geht dem Sinn, dem Hintersinn, aber auch dem Unsinn der Wirklichkeit auf den Grund. Auf pointierte Weise spießt er Redensarten auf, karikiert Phrasen und hinterfragt modische Begriffe.

Fremde und Flüchtlinge in unserer Wahrnehmung

Ort: Literaturhaus am Inn

Moderation: Anna Rottensteiner

Martin R. Dean und Gilles Reckinger im Gespräch.

Eine Zeitlang schien es, als würde Österreich den Flüchtlingskatastrophen, die sich vor der Küste von Lampedusa abspielen, nur betroffen zusehen, ohne sich dabei selbst in der Verantwortung zu sehen. Mittlerweile hausen Flüchtlinge aus den Kriegs- und Krisengebieten rund um Europa hierzulande in Zeltstädten, und nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa wird um die Verteilung und Unterbringung von Flüchtlingen gefeilscht. Die Bevölkerung scheint gespalten: Lokalen Aktionen der Hilfsbereitschaft und der Solidarität steht eine, von Rechtsparteien geschürte, wachsende Angst vor einer „Überfremdung“ gegenüber. Dass Österreich mit Flüchtlingen eine lange Geschichte verbindet, scheint in der aktuellen Debatte oft ausgeblendet: 1956 kamen mehr als 150.000 Ungarn nach Österreich, nahezu 20.000 blieben auf Dauer; in den 1990er Jahren wurden fast 100.000 Menschen aus den Kriegsgebieten (Ex-)Jugoslawiens aufgenommen, mehr als 50.000 blieben. Für den Autor Martin R. Dean scheint „das Wagnis der Differenz, auf das wir mit unserem Denken die letzten fünfzig Jahre gebaut haben, verloren gegangen“ zu sein. In einer westlich-orientierten Welt der globalen Freiheit ist das „Fremde“ am Verschwinden und damit auch „die Fähigkeit es auszuhalten“, schreibt er in einem Essay. Inwiefern haben sich unser Bewusstsein und unsere Wahrnehmung des Fremden und der Flüchtlinge in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert? Worin liegen die Ursachen dieser veränderten Wahrnehmung? Darüber diskutieren der Autor Martin R. Dean und der Ethnologe Gilles Reckinger.

Eine Kooperation zwischen Literaturhaus am Inn und der Abteilung
für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Innsbruck

schauen & lesen & hören: Lesen Sie dieses Mal im Inn-Lesebuch auf unserer Homepage den Essay Allmähliches Verschwinden aus Martin R. Deans Buch Verbeugung vor Spiegeln. Über das Eigene und das Fremde

Norbert Scheuer

Ort: Literaturhaus am Inn

Moderation: Christine Riccabona

Norbert Scheuers Roman Die Sprache der Vögel führt über einen fragilen Vogelliebhaber mitten ins Herz der Verstrickungen, aus denen das rätselhafte Leben seiner bewegenden und einzigartigen Figuren besteht. Paul Arimond kommt 2003 als Sanitäter der Bundeswehr nach Afghanistan, in ein Land, das schon sein Ururgroßvater einst, auf der Suche nach der Universalsprache der Vögel, wegen seiner reichen Tierwelt bereist hatte. Auch Paul, geplagt von Schuldgefühlen nach einem Autounfall, den er mit verursacht hat, liebt es, Vögel zu beobachten und Aufzeichnungen über sie zu machen. Sie scheinen nach einer anderen Ordnung und mit anderen Freiheiten zu leben. Doch inmitten einer zunehmend gefährlichen Bedrohungslage beginnt Paul immer unberechenbarer und anarchischer zu handeln

Norbert Scheuer: Die Sprache der Vögel. Roman. C. H. Beck 2015

Irmgard Fuchs und Marianne Jungmaier

Ort: Literaturhaus am Inn

Moderation: Joe Rabl

Im Erzählband Wir zerschneiden die Schwerkraft von Irmgard Fuchs werden Sehnsuchtsbotschaften per Silvesterrakete zu den Sternen geschickt, ein alter Mann flüchtet in seinen Koffer und treibt mit diesem durchs All, ein anderer zerpflückt im Zuge mehrerer Bewerbungsschreiben sein Leben und am Ende bleibt nur eine Insel.
Die Figuren zweifeln an sich selbst, an der Wirklichkeit und an der Welt im Allgemeinen. Sie haben ihre Schwerkraft verloren, gewinnen dadurch allerdings eine Freiheit, die es ihnen erlaubt, anders zu sein. In ihren Erzählungen versetzt Irmgard Fuchs die Welt in eine Schieflage: Alltägliches kippt ins Groteske, das Groteske wirkt plötzlich ganz normal.

Der Tod der Großmutter lässt Friederike, in Marianne Jungmaiers ersten Roman Das Tortenprotokoll, in ihren Heimatort zurückkehren. Dort hat sich wenig verändert: ein Elternhaus ohne Worte, emotionale Kälte, Familienmitglieder, die ihren Schmerz mit Rationalität betäuben. Der Tod hat in diesem Haus keinen Platz.
Während der Vorbereitungen zum Begräbnis sucht Friederike mit ihrer Jugendliebe Tobias im Haus der Großmutter nach Erinnerungen und Geborgenheit. Unter nutzlos gewordenen Dingen findet sie ein altes Protokollheft, das neben Tortenrezepten auch den Hinweis auf ein anderes Leben enthält, eines, von dem niemand weiß …
Ein beeindruckendes Romandebüt über das „österreichische Rezept“, sich die Vergangenheit und deren Schmerz mit Torten und Tascherln vom Leib zu halten.

Irmgard Fuchs: Wir zerschneiden die Schwerkraft. Erzählungen. Kremayr & Scheriau 2015
Marianne Jungmaier. Das Tortenprotokoll. Roman. Kremayr & Scheriau 2015

Hier ists so wie anderswo

Ort: Literaturhaus am Inn

Moderation: Ulrike Tanzer

Elmar Drexel spricht Texte von Otto Grünmandl.

Otto Grünmandl (1924–2000) hat im Rahmen des Kabaretts in erster Linie absurdes Theater gezeigt. Seine Texte und Inszenierungen sind insofern politisch als sie auf die Strukturen hinweisen, die unsere Welt, unser Leben bestimmen. Als Komiker des Wortes folgte er der Logik seiner Figuren und nimmt deren Rede ins Visier. Elmar Drexel hat Passagen aus Grünmandls Ich heiße nicht Oblomow (1978) und Ich bin ein wilder Papagei (1981) zu einer Collage montiert.

Die Grenzen von Meinungsfreiheit und Kunst

Ort: Literaturhaus am Inn

Martin Sexl im Gespräch mit Andrea Maria Dusl und Roman Siebenrock.

Der Anschlag islamistischer Terroristen auf das Pariser Satiremagazin Charly Hebdo im Jänner 2015 ließ die Diskussion über die Grenzen von Meinungs- und Pressefreiheit und von Kunst neuerlich aufflammen. Mittlerweile hat sich der Arbeitsalltag des neu gegründeten Redaktionsteams, das immer wieder mit Karikaturen des Propheten Mohamed und zu Muslim_innen Aufsehen erregt(e), komplett gewandelt: Das Team arbeitet hinter bewachten Türen, ein kugel­sicherer Schutzraum steht für den Ernstfall zur Verfügung. ­Geblieben sind jedoch die gleichen Fragen: Warum existieren für eine satirische Auseinandersetzung mit religiösen Themen (nach wie vor) Tabu-Zonen? In welcher Gesellschaft leben wir, wenn sich Künstler_innen, die sich mit diesen Themen beschäftigen, vor potentiellen Anschlägen schützen müssen? Woran liegt es, dass viele Gläubige in manchen (künstlerischen) Darstellungen eine „Verunglimpfung“ ihrer Religion sehen? Haben wir es bei Karikaturen von religiösen Themen und Figuren mit unangemessenen Darstellungen und Grenzverletzungen zu tun, die mit dem Argument der Meinungsfreiheit verkauft werden?

In Memoriam Gerhard Kofler (1949–2005)

Ort: Literaturhaus am Inn

Federico Italiano und Erika Wimmer lesen aus Meeressammlungen / Collezioni marine

Gerhard Kofler zählt bis heute zu den wichtigsten Südtiroler Lyrikern. Seine Verse zeugen von Weitsicht, sein poetischer Blick auf die Welt ist einfühlsam und humorvoll. Die doppelte Ausdrucksform – alle seine Gedichte sind in deutscher und italienischer Fassung entstanden – ist bis heute einzigartig. Wie kaum einem anderen gelang es ihm, Poesie und Alltag miteinander zu verschmelzen, dem Unscheinbaren ebenso wie tiefen Erkenntnissen einen Platz in der Erinnerung zu sichern.