Veranstaltungen 2007

Evelyn Schlag

Ort: Literaturhaus

Moderation: Carolina Schutti

Architektur einer Liebe (Zsolnay 2006)

Die erfolgreiche Architektin Vittoria Monti begegnet in der St. Petersburger Eremitage einem Mann. Eine Beziehung entsteht, die bisher verborgene Wünsche nach Nähe, Vertrautheit und Intimität offen legt. Die Architektur ist in diesem Buch nicht nur "Milieu", auf das es zwar zahlreiche Seitenhiebe gibt, sondern vielmehr die Metapher für die Liebe zwischen diesen beiden Menschen.

"Nicht die Dramatik äußerer Ereignisse konstituiert diesen Roman, sondern die Sprache, die er für Beziehungen, Welt- und Körperwahrnehmungen findet. [...] Kein behagliches Erzählen strömt hier dahin in vorgefertigten Sätzen, keine langen Beschreibungen - es sind immer wieder kurze Erinnerungsfragmente und aufblitzende Empfindungen, die in sehr individuellen Sätzen Gestalt werden."(Cornelius Hell, Ex libris, ORF)

Sylvia Ainetter — Weblog

Ort: Literaturhaus

Moderation: Stefan Neuhaus, Gabriele Wild

Blogs - Literarische Aspekte eines neuen Mediums. Eine Analyse am Beispiel des Weblogs Miagolare (2006)
Mit Lesungen von Stefan Abermann, Martin Fritz, Thomas Schafferer und einigen Überraschungsgästen aus der jungen Tiroler Literaturszene.

Weblogs, oft auch salopp als "Internettagebücher" bezeichnet, dienen immer mehr Literaten zur Publikation ihrer Texte. Gewöhnliche und ungewöhnliche Alltagsgeschichten, träumerische Befindlichkeitsskizzen, gesellschaftskritische Essays, aber auch philo sophische Reflexionen -Weblogs spiegeln die individuelle Realität aller (un-)denkbaren Ebenen wider. Mit den Mitteln moderner Technik, die mehr als hypermediale Internetauftritte ermöglicht, erschufen sich Blogger Paralleluniversen mit teils hohem künstlerischen Wert. Ebenso spontan und unkonventionell wie dieses Medium ist die Buchpräsentation mit anschließender Lesung, bei der sich außergewöhnliche Internetliteraten zu Wort melden.

Renate Welsh

Ort: Literaturhaus

Moderation: Anna Rottensteiner

Die schöne Aussicht (Dtv 2005)

Den Geschichten hinter den Geschichten aufspüren, hinter DER Geschichte - das ist wohl einer der innigsten Ansprüche im Schreiben von Renate Welsh, sei es in ihren Büchern für Kinder, für Jugendliche oder Erwachsene. In Die schöne Aussicht ist es die Lebensgeschichte einer Frau im 20. Jahrhundert, die in der Zeit des Zweiten Weltkriegs beginnt und bis in die Gegenwart heraufführt. "Unaufdringlich" wird erzählt, der Fokus ist eingestellt auf das Leben dieser Frau, nicht auf die Zeitläufe - bestimmen diese doch unweigerlich das Leben. Drei Jahre davor erscheint Dieda oder Das fremde Kind und erzählt die Geschichte eines Kindes in Kriegszeiten. Zuordnungen wie "Literatur für Erwachsene"oder "Literatur für Kinder"verschwimmen angesichts der Intensität des Erzählten.

Josef Winkler

Ort: Literaturhaus

Moderation: Carolina Schutti

Lesung aus Texten quer durch die Zeit

Beginnend mit seinem Roman Menschenkind, erschienen 1979, verfasste Josef Winkler ein umfangreiches Werk, zuletzt Natura morta. Eine römische Novelle (2001) und das Reisejournal Indien (2006). Zahlreich sind die Literaturpreise und Stipendien, die Winkler seit 1979 beinahe im Jahresrhythmus erhalten hat, darunter der Alfred-Döblin-Preis 2001, der Premio Lateral für ausländische Autoren 2005 und der Franz-Nabl-Preis, der Literaturpreis der Stadt Graz 2006.
Was macht den Erfolg und den Reiz eines Schriftstellers aus, der so anders erzählt als andere, in dessen Texten "alles aus Bildern" besteht, "die in Fluß kommen, die in Fluß gebracht werden, die sich verzweigen und die sich irgendwo auch wiederfinden"? Ein Angelpunkt von Winklers Schreiben ist die autobiographisch geprägte Todeserfahrung; das genaue Hinschauen und das präzise Übersetzen von Bildern in Sprache ist bestimmend für sein Werk. Die Entwicklung seines Schreibens über mehr als drei Jahrzehnte, Einflüsse anderer Autoren (vor allem französischer Existentialisten) und Winklers besondere Verwendung von Leitmotiven und Leitsätzen sind nur einige der Themen, die an diesem Lese- und Diskussionsabend Beachtung finden werden.

Hugo von Hofmannsthal

Ort: Literaturhaus

Moderation: Alfred Doppler

Hugo von Hofmannsthal beschreibt in seinen Dichtungen das Lebensklima der zu Ende gehenden österreichisch-ungarischen Monarchie. In seinen Gedichten lebt noch einmal der Klangzauber der Romantik auf, zugleich aber auch die Skepsis gegenüber den Mitteilungsmöglichkeiten der Sprache. Diese Sprachskepsis lenkte Hofmannsthals Aufmerksamkeit auf Ausdrucksmöglichkeiten, die der Sprache nicht bedürfen, wie wortloses Handeln, Pantomime, Tanz und Musik. In seiner langjährigen Zusammenarbeit mit Richard Strauss war es ihm ein Anliegen, eine innige Verbindung von Sprache und Musik zu verwirklichen. Es soll gezeigt werden, wie literarische Tradition in der Gegenwart weiterwirkt und alte ungelöste Fragen des menschlichen Zusammenlebens an die Zukunft weiterreicht.
Alfred Doppler, geboren 1921, war u.a. von 1971-1991 als Professor für österreichische Literatur an der Universität Innsbruck tätig. Bücher: u.a. Die Lyrik Georg Trakls (2001); Geschichte im Spiegel der Literatur (1992); Der Abgrund des Ichs (1985); Herausgeber der Historisch-kritischen Gesamtausgabe der Werke und Briefe Adalbert Stifters.

Christoph W. Aigner

Ort: Literaturhaus

Moderation: Erika Wimmer

Die schönen bitteren Wochen des Johann Nepomuk (DVA 2006)


Christoph W. Aigners Roman spielt im Jahre 1971 in einer österreichischen Provinzstadt: Der siebzehnjährige Johann Nepomuk Müller steht mit beiden Beinen fest im Leben. Er ist ein Riesenfußballtalent und hat gelernt, für sich selbst zu sorgen. Vom prügelnden Vater, der Frau und Sohn verlassen hat, hat er nichts zu erwarten, von der aus der Bahn geworfenen Mutter außer Vorwürfen und Geldforderungen auch nichts. Der Besuch des Gymnasiums ist für ihn ein Luxus, den er sich durch Gelegenheitsjobs verdienen muss. Als er nach dem Abendtraining Zeuge einer versuchten Vergewaltigung hinter dem Stadion wird, schlägt er die Täter in die Flucht. Sein Leben, das bisher bloß von Gewalt geprägt war, nimmt eine unerhörte Wendung, durch Mariella eröffnet sich eine ihm bislang unbekannte Welt.

Angelika Reitzer und Gabriele Petricek

Ort: Literaturhaus

[Neuerscheinungen]

Angelika Reitzers Roman-Debüt Taghelle Gegend (Haymon 2007) handelt vom Erwachsenwerden einer jungen Frau: Sprachlich ebenso präzis wie poetisch, verdichtet sich in Rückblenden, Episoden und Momentaufnahmen das Bild einer jungen Frau, die ihr Leben anprobiert wie die Kleider, die sie näht. Sie möchte endlich ihren Platz finden in diesem Geflecht aus vorübergehenden Lieben und Jobs, aus familiären Spuren, flüchtigen Begegnungen - in eine eigene, selbstbestimmte Zukunft.

Gabriele Petricek durchschreitet in ihrem Erzählband Zimmerfluchten (Literaturedition Niederoesterreich 2005) gelebte und erinnerte Räume. Sie erzählt mit verblüffender Präzision von Menschen, Einzelgängern, Fremdgängern und Außenstehenden, deren Leben sie in die Ungewissheit der Existenz entlässt. Den Figuren ist ein Zug von Tragik, Ernsthaftigkeit und von elegantem Witz eingeschrieben.

Barbara Frischmuth

Ort: Literaturhaus

Moderation: Johann Holzner

Kann der Glauben Berge versetzen? Und wenn ja, wie hoch dürfen sie sein? Gedanken zum gegenwärtigen Erscheinungsbild des Islam

Raymund-Schwager - Innsbrucker Religionspolitologische Vorlesungen

"Wo das Vorurteil ungerührt seine starren Welt- und Sinnordnungen etabliert, weiß es Barbara Frischmuth nicht aus Besserwisserei besser, sondern weil sie ihr Wissen offen hält und so auch dem vermeintlichen 'Unsinn' des Fremden, seiner andersartigen Logik, Geltung verschafft." (Gerhard Melzer)

Immer wieder hat die Autorin ihre Stimme erhoben, wenn statt Verständigung und Toleranz Terroranschläge oder Kriege die interkulturellen Beziehungen beherrschten. Beharrlich wie nur wenige andere steht Frischmuth für eine Offenheit, eine aktive Suche nach dem Anderen, dem (noch) Fremden, für das Verständnis zwischen Religionen, Kulturen und Literaturen.

Barbara Frischmuth hat 2006 den "Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln" erhalten.

 

Kevin Vennemann

Ort: Literaturhaus

Moderation: Ekkehard Hey-Ehrl

Nahe Jedenew und Mara Kogoj

Kevin Vennemanns Romandebüt Nahe Jedenew (Suhrkamp 2006), eine radikale literarische Annäherung an ein antijüdisches Pogrom, wurde als "die schönste traurige Geschichte" (Die Zeit) gefeiert, als "der beste literarische Text, der in den letzten Jahren von einem unter Dreißigjährigen erschienen ist" (Süddeutsche Zeitung). Jedenew -, das ist ein Kindheitsort und ein gedachtes, vielleicht polnisches Dorf, in dem mit einem Schlag die funktionierende Zweckgemeinschaft zwischen Juden und Katholiken zerschlagen wird. Versteckt in ihrem Baumhaus, beobachten zwei Zwillingsschwestern die Zerstörung ihres Weilers und durchleben gleichzeitig die letzten Augenblicke der Kindheit wie im Zeitraffer. Ihre Flucht gerät zu einer Flucht vor dem Ende der Vergangenheit.

Kevin Vennemanns zweiter Roman Mara Kogoj (ebenfalls Suhrkamp) setzt da an, wo der erste aufgehört hat: Wie und mit welchen Folgen wird Geschichte interpretiert, verdrängt, erinnert oder vergessen?

Josef Haslinger

Ort: Literaturhaus

Moderation: Carolina Schutti

Lesung aus Texten der letzten 10 Jahre

Sprachreflexives Schreiben und lakonisches, präzises Erzählen, an den Linien der Zeitgeschichte, der Gegenwart Österreichs und der eigenen Geschichte entlang: Josef Haslinger zählt zu jenen Autoren und Autorinnen der österreichischen Gegenwartsliteratur, in deren Werk sich beides findet. Am Abend wird der Autor aus seinem Erzählband Zugvögel (Fischer 2006) sowie ältere Texte lesen.