Veranstaltungen 2012

David Albahari

Ort: Literaturhaus

Moderation: Andrea Zink

Dolmetscherin Serbisch-Deutsch: Maša Dabic´
Lesung auf Deutsch: Johann Nikolussi

Wer ist der Verfasser des geheimnisvollen Briefs, durch den schlagartig alles aus den Fugen gerät? Das fragt sich Filip, der allein in einer zugestellten Wohnung lebt und sich in seinen Memoiren einen Verlierer nennt. Ist der Absender ein Betrüger oder wirklich der in Argentinien verschollene Bruder, von dem Filip bisher nichts ahnte? Ein Treffen im „Brioni“, einer ehemaligen Belgrader Spelunke, jetzt ein modernes Restaurant, soll dieses Rätsel lösen. Doch Filips einstige Stammkneipe ist ebenso wie bald sein ganzes Leben nicht mehr wiederzuerkennen …

„Eleganter und unaufwendiger als David Albahari zieht kaum jemand dem Leser den Boden unter den Füßen weg. Die immer kürzer werdenden Bücher des seit 1994 in Kanada lebenden Serben sind höllische Achterbahnfahrten der Identität, in denen sich jede Kehre lediglich als Vorspiel einer weiteren erweist, bis am Ende nur das Schweigen bleibt.“ (Jörg Platz, Deutschlandradio Kultur)

David Albahari, 1948 in Pec´ geboren, studierte in Belgrad und lebt seit 1994 in Kanada. Er arbeitet als Schriftsteller und Übersetzer englischsprachiger Autoren ins Serbische. Bislang veröffentlichte er neun Erzählungsbände und elf Romane und gilt als einer der renommiertesten Schriftsteller Serbiens. Seine Werke wurden in 16 Sprachen übersetzt.

David Albahari: Der Bruder. Roman. Aus dem Serbischen von Mirjana und Klaus Wittmann. Schöffling & Co 2012

Clemens J. Setz

Ort: Literaturhaus

Moderation: Gabriele Wild

Im Norden der Steiermark liegt die Helianau, eine Internatsschule für Kinder, die an einer rätselhaften Störung leiden, dem Indigo-Syndrom. Jeden, der ihnen zu nahe kommt, befallen Übelkeit, Schwindel und heftige Kopfschmerzen. Der junge Mathematiklehrer Clemens Setz unterrichtet an dieser Schule und wird auf seltsame Vorgänge aufmerksam: Immer wieder werden Kinder in eigenartigen Maskierungen in einem Auto mit unbekanntem Ziel davongefahren. Setz beginnt, Nachforschungen anzustellen, doch er kommt nicht weit; er wird aus dem Schuldienst entlassen. Fünfzehn Jahre später berichten die Zeitungen von einem aufsehenerregenden Strafprozess: Ein ehemaliger Mathematiklehrer wird vom Vorwurf freigesprochen, einen Tierquäler brutal ermordet zu haben.

Mit Clemens J. Setz viertem Buch Indigo geht das „radikale Gegenprogramm zur hübsch verkasteten Literaturwerkstättenliteratur“ (Die Welt) weiter.

Clemens J. Setz, geboren 1982 in Graz, studierte Mathematik und Germanistik, lebt in Graz. Sein 2007 erschienener Debütroman Söhne und Planetengelangte auf die Shortlist des aspekte-Literaturpreises. 2008 erhielt er beim Ingeborg-Bachmann-Preis den Ernst-Willner-Preis. 2011 wurde sein Erzählband Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes (2011, Suhrkamp) mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Weitere Publikationen: Söhne und Planeten. Roman (2007), Die Frequenzen. Roman (2009, beide Residenz).

Clemens J. Setz: Indigo. Roman. Suhrkamp 2012

Erinnern – aber wie?

Ort: Literaturhaus

Moderation: Martin Sexl

Christoph W. Bauer und Irmgard Bibermann im Gespräch.

NS-Gedenkstätten und Gedächtnisorte an die NS-Zeit im Allgemeinen finden sich überall auf der Welt. Sie sind wichtige Orte für die Erinnerung an das Leiden und Sterben so vieler Menschen und zugleich Herausforderung für das Verstehen. In diesem Montagsfrühstück diskutieren Christoph W. Bauer und Irmgard Bibermann darüber, auf welche Weise in einer Zukunft, in der es bald keine Zeitzeugen mehr geben wird, Erinnerungsarbeit geleistet werden soll. Braucht es neue Formen der Vermittlung?

Der Schriftsteller Christoph W. Bauer thematisiert nicht erst mit seinem Roman Graubart Boulevard (Haymon 2008), Fragen der Wahrnehmung und Darstellung von Geschichte und der Möglichkeiten der Korrektur von Geschichtsbildern. Dass er dabei den Weg der Literatur  wählt, ist nicht Zufall, vermag doch die Sprache der Literatur möglicherweise Dinge zu „zeigen“, die man nicht „sagen“ kann, um es  mit einem Begriffspaar von Ludwig Wittgenstein zum Ausdruck zu bringen.

Irmgard Bibermann ist Lehrbeauftragte am Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie und arbeitet als AHS-Lehrerin und Theater- und Gestaltpädagogin. Mitarbeit am Vermittlungsprojekt www.erinnern.at

Michael E. Sallinger

Ort: Literaturhaus

Ein Land in Gedichten? Auf seiner Reise durch Ort- und Talschaften südlich des Brenner hält Michael E. Sallinger Erlebtes, Gefühltes und Erfahrenes fest. Gedichte gehören zu den Äußerungen seines Lebens wie das Denken, das Atmen, das Lesen, das Essen und Trinken, wie die Liebe und der Hass, und kreisen diese Themen gleichzeitig ein.

Sein Weg führt ihn von Ambach über Franzensfeste und Klausen bis Sterzing, von Abschied über Gemischten Fisch bis in die Zwischenreiche, von der Feuernacht über N. C. Kaser bis zum Waalweg. Und in Sekunden nimmt jeder seiner Eindrücke Gestalt an – zart, bunt und unverdrossen, dabei nie ohne Tiefe.

Michael E. Sallinger, 1965 im Mühlviertel geboren, Studium der Rechtswissenschaften in Innsbruck, wo er seit 1993 als selbständig tätiger Rechtsanwalt lebt. Schwerpunkte als Autor: Lyrik, kleine Prosa und Aphorismen sowie essayistische Arbeiten zur deutschen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts. Zahlreiche Veröffentlichungen im Schlern, in den Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv, den Kulturelementen, den Kulturberichten aus Tirol und Südtirol, Quart u.v. m.
Neben zahlreichen Fachpublikationen bisher erschienen: Wege und Zweige (2002) zu Ernst Jünger und seinen Zeitgenossen, spiegelungen. hans mayer in seiner zeit. ein versuch (2006), Geflechte. Alt-Ausseer Flaschenpost (2006, alle: StudienVerlag). Er arbeitet derzeit an einem monografischen Band zu Paul Celan und einem Essay-Band unter dem Titel Signaturen des Glaubens.

Michael E. Sallinger: Hain, Traube und Nacht. Gedichte jenseits des Brenner. Haymon 2012

Ursula Krechel

Ort: Literaturhaus

Moderation: Jochen Jung

Was muss einer fürchten, was darf einer hoffen, der 1947 aus dem Exil nach Deutschland zurückkehrte? Nach ihrem gefeierten, 2008 erschienenen Buch Shanghai fern von wo geht Ursula Krechel mit ihrem neuen großen Roman Landgericht noch einmal auf Spurensuche. Richard Kornitzer ist Richter von Beruf und ein Charakter von Kohlhaas’schen Dimensionen. Die Nazizeit mit ihren absurden und tödlichen Regeln zieht sich als Riss durch sein Leben. Danach ist nichts mehr wie vorher, die kleine Familie zwischen dem Bodensee, Mainz und England versprengt, und die Heimat beinahe fremder als das in magisches Licht getauchte Exil in Havanna. Ursula Krechels Roman lässt Dokumentarisches und Fiktives ineinander übergehen, beim Finden und Erfinden gewinnt eine Zeit atmosphärische Konturen, in der die Vergangenheit schwer auf den Zukunftshoffnungen lastet. Landgericht, der Roman mit dem doppeldeutigen Titel, handelt von einer deutschen Familie und erzählt zugleich mit großer Wucht von den Gründungsjahren einer Republik.

Ursula Krechel: Landgericht. Roman. Jung und Jung 2012