Veranstaltungen 2009

Anna Maria Achenrainer

Ort: Literaturhaus

Im Porträt von Christine Riccabona, Hugo Bonatti, Johann Holzner und Gabi Wild. Mit Vitrinenausstellung

Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Turmbund

Die heute nahezu vergessene Anna Maria Achenrainer (1909 - 1972) stammt aus dem Oberinntal, verbrachte den Großteil ihrer Kindheit im Waisenhaus und war später Lehrerin und Journalistin in Innsbruck, wo sie bis zu ihrem Tod lebte. Sie zählte zu den bekannten Lyrikerinnen Tirols der Nachkriegszeit. 1950 erhielt sie den Anerkennungspreis bei der Verleihung des Österreichischen Staatspreises für Literatur, sie war Gründungsmitglied des Innsbrucker Turmbunds und Mitherausgeberin der letzten drei Bände von Wort im Gebirge.

Mit ihrer unpolitischen, esoterisch anmutenden Lyrik fand sie keinen Anschluss an die jüngere, rebellische Generation der späten sechziger Jahre, ihr Werk geriet nach ihrem Tod alsbald in Vergessenheit. Dennoch, der Versuch lohnt, die Gedichte gegen den Strich zu lesen. Ihre Lyrik lässt sich der naturmagischen Schule in der Nachfolge Wilhelm Lehmanns zuordnen. Ihre Gedichte sind gefüllt mit Naturbildern, in denen sich Vorstellungen einer mythischen Vorzeit mit der Spiegelung des eigenen Seelenraums verbinden.

Friederike Mayröcker

Ort: Leokino, Anichstr. 36, Saal 1

„Das Schreiben und das Schweigen“. Die Schriftstellerin Friederike Mayröcker im Film-Porträt von Carmen Tartarotti
Erika Wimmer führt mit der Regisseurin ein Gespräch

„Ich hab' gedacht es soll ein Film über das Schweigen werden. Das Schreiben und das Schweigen. Aber wie macht man das dann? Vielleicht ist es bei anderen Autoren so, dass sie beim Sprechen andere Sachen hervorholen aus ihrem Hirn, während ich nichts hervorholen kann. Ich mag nicht sprechen! Und auf dieser Grundlage werden wir unseren Film aufbauen. Das machen wir!“

(Friederike Mayröcker)

Über mehrere Jahre hinweg hat die Filmemacherin Carmen Tartarotti die heute 84-Jährige Dichterin Friederike Mayröcker begleitet, meistens allein mit Kamera und Mikrofon, wie es sich die Protagonistin ausdrücklich gewünscht hatte; entscheidend unterstützt allerdings vom Schweizer Kameramann Pio Corradi. Eine der Voraussetzungen für das Zustandekommen des Films war die absolute Rücksichtnahme auf die derzeitige Lebenssituation der Schriftstellerin und auf ihre Arbeitsrhythmen. Das Ergebnis ist ein sensibler, anrührender Film, unspektakulär und gerade deshalb von großer Anziehungskraft.

Carmen Tartarotti, geboren 1950 in Latsch/Südtirol. Studium der Germanistik und Politik in Frankfurt. Freie Filmschaffende seit 1979. Lebt in Frankfurt und Meran.

Barbara Hundegger

Ort: Literaturhaus

Literatur ist nicht nur Schreiben, sondern auch Alltag - und macht sich darin nur selten bezahlt. Barbara Hundegger weiß davon zu erzählen, dass das Geschäft der Dichterin kein einfaches ist und es wesentlich mehr braucht als Zettel und Bleistift. In schreiben-nichtschreiben stehen sich beide Lebenswelten gegenüber, brechen aber, ganz wie in der Realität, in einem fort ineinander ein. Hundegger scheut dabei auch nicht zurück vor Selbstbefragung und -ironie und bringt Facetten ihres Berufes ans Licht, die dem oftmals geschönten und allzu heiligen Schreibernst entgehen.

Barbara Hundegger: schreibennichtschreiben. Gedichte. (Skarab«eus 2009).

Hans Augustin

Ort: Literaturhaus

Moderation: Martin Sailer

Wer träumt nicht manchmal vom Fliegen? Moses Mandelbaum ist Versicherungsmakler, Ersatzkoch und Reinigungskraft in einem Verlag. Ein Leben immer am sozialen Außenrand, ganz ohne Längen, Breiten und Tiefen. Bis er in seinem Stammcafe „Eden" einem Mann begegnet, der nicht von dieser Welt ist. Und der ihm ein Abenteuer, einen besonderen Auftrag verspricht - unter der Voraussetzung, dass er vorher das Fliegen lernt.
Es beginnt eine Reise zwischen Traum und Wirklichkeit, die Moses Mandelbaum in die Realität des modernen Israel führt, mitten in die Aussichtslosigkeit zwischen den Fronten von Israelis und Palästinensern.

Verfasst Prosa, Lyrik, Theaterstücke und Hörspiele. Mehrfach ausgezeichnet. Zuletzt veröffentlicht: Weggelegte Zeit. Gedichte (2001), Fayum und andere Erzählungen (2004) (alle Skarabaeus).

Hans Augustin: Der im brennenden Dornbusch. Roman. (Skarabaeus, 2009) 

Literaturblogs und Blogs über Literatur

Ort: Literaturhaus

Mit Christiane Zintzen, Alban Nikolai Herbst, Andreas Louis Seyerlein, Hartmut Abendschein

Die charakteristischen Eigenschaften von Weblogs werden von den technischen Möglichkeiten bestimmt, die das WWW anbietet: multimediale Präsentationsformen, Publikation in Echtzeit, Kommunikation, Datenverwaltung und -archivierung. Ein Weblog kann deshalb weder zwischen zwei Buchdeckel gepresst noch vorgelesen werden ohne sein Gesicht zu verlieren. Die Idee, eine Bloglesung zu veranstalten, hat durchaus etwas Anachronistisches, eröffnet aber auch einen reizvollen Spielraum für neue Präsenta­tionsformen.

litblogs.net wurde 2004 als erstes Portal und Meta-Weblog für deutschsprachige Literatur- bzw. Autorlnnenblogs gegründet. Zu den mittlerweile 17 Partnerinnen zählen der bekannte Autor Alban Nikolai Herbst und Andreas Louis Seyerlein.
Die selbst als Blogautoren tätigen Herausgeber, Christiane Zintzen und Hartmut Abendschein, werden litblogs.net vorstellen und gemeinsam mit A.N. Herbst und A. L. Seyerlein aus den Blogs lesen, über ihre Ideen, Erfahrungen und Konzepte sprechen und die Blogs via Bildprojektion präsentieren.

Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit litblogs.net konzipiert und ist Teil der im Rahmen des Projekts DILIMAG veranstalteten Tagung „Digitale Literaturvermittlung: Praxis, Forschung und Archivierung" (23.-24. Oktober, Translationswissenschaft SR 2).

Autorinnen: Alban Nikolai Herbst (Berlin): Die Dschungel. Anderswelt, Andreas Louis Seyerlein (Frankfurt, München): particles, Hartmut Abendschein (Bern): taberna kritika — kleine formen, Christiane Zintzen (Wien): in\ad\ae\qu\at

Hilde Domin im Porträt

Ort: Literaturhaus

Moderation: Christoph W. Bauer

Hilde Domin (1909 – 2006) wurde in Köln als Tochter eines jüdischen Rechtsanwalts geboren. In Heidelberg, Köln und Berlin studierte sie zunächst Jura, dann Nationalökonomie, Soziologie und Philosophie. 1932 sah die Jüdin die NS-Machtergreifung voraus und wanderte mit dem Kunsthistoriker Erwin Walter Palm, den sie 1936 heiratete, nach Rom aus. 1939 floh sie nach England und ging von dort mit ihrem Mann ins Exil in die Dominikanische Republik. Das Gefühl der Heimatlosigkeit und Verlassenheit sowie eine schwere Ehekrise förderten ihren Durchbruch zur eigenen künstlerischen Existenz  und sie begann unter dem Pseudonym „Domin“ zu schreiben. Nach 22-jährigem Exil kehrte das Ehepaar nach Deutschland zurück und innerhalb von wenigen Jahren avancierte Hilde Domin zu einer der bedeutendsten deutschen Lyrikerinnen.

Peter Henisch

Ort: Literaturhaus

Moderation: Brigitte Schwenns-Harrant

Der verirrte Messias. Roman (Deuticke 2009)

Ein Mann, der sich mit Jesus identifiziert, versucht herauszufinden, warum die Erlösung nicht stattgefunden hat – bis heute. Das ist der Kern von Peter Henischs Roman Der verirrte Messias, den der Autor in einer zeitgemäßen Form erzählerisch umkreist. Die Literaturkritikerin Barbara, weibliche Protagonistin des Romans, trifft ihn, der sich Mischa/Myschkin nennt, während ihres Fluges nach Israel. Die Unheimlichkeit, die er auf sie ausstrahlt, ist dasselbe Gefühl, das den Leser beschleicht, wenn er sich auf den „tiefen Grund“ des Buches einlässt. Doch auch der feine Humor Peter Henischs durchzieht das Buch, das ein Brückenschlag ist zwischen literarischer Exegese der Bibeltexte, der gegenwärtigen Situation im Nahen Osten und der Darstellung der „Erschütterung“, wenn man als Zeitgenosse mit der Frage der Erlösung konfrontiert wird.

Rose Ausländer im Porträt

Ort: Literaturhaus

Moderation: Christoph W. Bauer

Rose Ausländer wurde 1901 in Czernowitz als Rose Scherzer geboren. Sie entstammte einer weltoffenen, liberal-jüdischen Familie, in der jedoch die wichtigsten Regeln der jüdischen Tradition bewahrt wurden. Schon früh fühlte sie sich der Literatur verbunden, das eigene Schreiben und Dichten nahm jedoch erst während der zwanziger Jahre einen wesentlichen Platz in ihrem Leben ein.

In der Zwischenzeit in die USA emigriert, kehrte sie 1931 aufgrund familiärer Umstände nach Czernowitz zurück, wo sie als Lyrikerin, Journalistin, Übersetzerin und Englischlehrerin tätig war. Nach den Jahren der Zwangsarbeit im Ghetto (1941–1944) übersiedelte sie wiederum in die USA. Nach einem überaus bewegten und durch viele Reisen geprägtes Leben verbrachte sie ihre letzten Jahre im Altenheim der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf. Mehr als zwanzig Gedichtbände liegen heute von ihr vor, u.a. Hügel aus Äther unwiderruflich; Im Aschenregen die Spur deines Namens; Mutterland/Einverständnis (alle: S. Fischer Verlag). 1977 erhielt sie den Ida-Dehmel-Preis der GEDOK. Gryphius-Preis, 1980 wurde ihr die Roswitha-Medaille Bad Gandersheim zuerkannt.


Ute Döring und Kurt Drawert

Ort: Fotoforum West, Adolf-Pichlerplatz 8

Ute Döring: Ost - West. Nord - Süd
Kurt Drawert liest aus seinem Roman Ich hielt meinen Schatten für einen anderen und grüßte

Ausstellungseröffnung und Lesung
Ausstellungsdauer: 20. November bis 19. Dezember 2009
Öffnungszeiten: Di.–Fr. 15–19 Uhr, Sa. 10–13 Uhr

In Gemeinschaftsarbeit mit dem Fotoforum Innsbruck zeigt Ute Döring in einer Ausstellung drei größere Fotoarbeiten, die Vergangenheit und Gegenwart eins werden lassen – erinnerte Momente deutsch-deutscher Wirklichkeit. Zu ihrer direktesten Auseinandersetzung mit der Macht wurde die Beschäftigung mit dem unter Hitler in Teilen gebauten, zu DDR-Zeiten umfunktionalisierten und nach 1990 verwaisten KdF-Bad in Prora auf Rügen. In der umfangreichen Serie von Schwarz-Weiß-Fotografien Prora. 1993–1996 macht die Fotografin die nicht nur architektonisch sichtbare Hinterlassenschaft eines totalitären Systems transparent. Das wiederkehrende Thema ihrer Herkunft zeigen zwei neuere Arbeiten, die durch komplexe Bildüberlagerungen eine abstrakte und verallgemeinernde Sicht auf Geschichte erzeugen. Dabei verwendet sie neben Fotos ihres Archivs auch aktuelles Material einer Koreareise und kombiniert diese mit historischen Aufnahmen.

Ute Döring, geboren 1958 in Dresden, studierte an der Universität Leipzig. Nach der Heirat mit dem Schriftsteller Kurt Drawert folgten Arbeitsaufenthalte im In- und Ausland, 1996 zogen sie nach Darmstadt. Mit den Reisen und dem Umzug verbunden, erweiterten neue Sichtweisen und Erfahrungen ihre Themen. Sie begann in Farbe zu fotografieren und nutzt seither ebenso die Möglichkeiten der digitalen Fotografie.

Ein Versuch, die Komplexität von Geschichte und individueller Biographie literarisch zu gestalten, stellt Kurt Drawerts 2008 erschienener und von der Kritik euphorisch besprochener Roman Ich hielt meinen Schatten für einen anderen und grüßte dar. In Anverwandlung an den spektakulären Kriminalfall des Kaspar Hauser im 19. Jahrhundert nimmt der Autor das Motiv des verwahrlosten Findlings in seinem Roman wieder auf, um vom Untergang der DDR zu erzählen. Seine sprachgewaltigen Existenzbilder sind dabei nicht nur eine Abrechnung mit der Diktatur eines historisch gewordenen Staates, sondern ebenso eine Metapher auf unsere moderne innere Obdachlosigkeit.

Kurt Drawert: Ich hielt meinen Schatten für einen anderen und grüßte. Roman (Beck 2008)

Ioan Es. Pop, Peter Sragher, Robert Serban

Ort: Literaturhaus

Moderation: Bernhard Widder

Ein Karren beladen mit nichts/O caruta incarcata cu nimic
Buchpräsentation und zweisprachige Lesung

In der rumänisch-deutschen Anthologie sind Gedichte von Ioan Es. Pop, Peter Sragher, Robert S¸erban versammelt. Sie ist 2009  im Brumar Verlag (Temeswar) erschienen. Am Abend werden sie aus ihren Werken lesen – ein Hörerlebnis der rauen Musikalität der rumänischen Sprache; der Schriftsteller Bernhard Widder wird die deutschen Übertragungen lesen sowie gemeinsam mit Peter Sragher einen Einblick in die sehr lebendige Welt der rumänischen Poesie geben .