Veranstaltungen 2009

Rudolf Habringer

Ort: Literaturhaus

Moderation: Johann Holzner

Anlässlich des legendären Finales der Schach-Weltmeisterschaft zwischen Boris Spasski und Bobby Fischer fährt der junge Österreicher Richard Behrend 1972 zum ersten Mal nach Island. Durch Zufall stößt er dort auf die Spuren des Musikers Karl Wallek, der 1938 mit seiner Familie aus Graz fliehen musste und in Island ein Zuhause und berufliche Anerkennung fand. Walleks Geschichte lässt Behrend von da an nicht mehr los, und er begibt sich auf Spurensuche in Island und Österreich. Dabei erlebt er, wie das Schicksal des Exilanten Wallek – eine Geschichte der Flucht, der Einsamkeit und des Neuanfangs – zum Spiegel seines eigenen Lebens wird, denn auch er wird schließlich Bekanntes hinter sich lassen und auf Island einen neuen Beginn wagen. Habringer erzählt in seinem großen Entwicklungsroman nicht nur von leidenschaftlichen Gefühlen und ihren möglichen Auswirkungen auf das Leben eines jungen Menschen, sondern auch von nicht bewältigter Vergangenheit, deren Konsequenzen bis in die Gegenwart reichen.

Rudolf Habringer, geboren 1960 in Desselbrunn (Oberösterreich).
Schreibt Romane, Erzählungen, Satiren, Kabarett und Theaterstücke. Lebt als freier Schriftsteller bei Linz. Zuletzt erschienen: Alles wird gut. Liebesgeschichten (Picus 2007).

Rudolf Habringer: Island-Passion. Roman. Picus 2008

Perikles Monioudis & Peter Weber

Ort: Literaturhaus

„Er wußte, daß es unter Umständen, die vielleicht seine Umstände waren, nur eine Generation dauert, bis der Flüchtling zum Flaneur wird.“  So reflektiert der Protagonist in Perikles Monioudis’ Roman Land. Auf der Suche nach den griechischen Vorfahren und deren geheimnisvolles Rezeptbuch begibt er sich auf eine zeitgemäße Odysse im mediterranen Raum.

Wie die Randzonen Europas historisch und kulturell zusammenhängen, wie Heimischsein und Fremdsein in einer globalisierten Welt: sinnliche Eindrücke in einer kühl beobachtenden Sprache verdichten sich zu einer Reflexion über Identität.

Der Autor liest aus Land (2007, Ammann) sowie aus Die Stadt an den Golfen (2006, Rimbaud).

Publikationen (zuletzt): Bahnhofsprosa (2002), Die melodielosen Jahre (2007, beide Suhrkamp).

Bücher im Gespräch

Ort: Literaturhaus

Ein Diskussionsabend über Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt in diesem Frühling.

Der Journalist (orf) und Literaturkritiker Günter Kaindlstorfer diskutiert mit der Autorin Irene Prugger, dem Literaturkritiker Stefan Gmünder (Der Standard) und der Literaturwissenschaftlerin Evelyne Polt-Heinzl über den Debütroman Verlangen nach Drachen der österreichischen Autorin Verena Roßbacher (Kiepenheuer und Witsch), über Eugenie Kains Erzählband Schneckenkönig (Otto Müller) sowie über den neu übersetzten, in Bukarest 1993 erschienenen Roman Nostalgia von Mircea Ca˘rta˘rescu (Suhrkamp).

Daniela Danz und Ulrike Draesner

Ort: Literaturhaus

Moderation: Gabriele Wild

In ihrem Gedichtband berührte orte wirft Ulrike Draesner das sprachliche Netz nach wirklich bereisten Orten aus, fischt nach den historischen, religiösen und medialen Phantasmen von Städten wie Damaskus oder Casablanca und lässt deren Wirklichkeit die Sprache in Schwingung versetzen. Kluge Beobachtung, der Mut, sich Fremdem zu öffnen, gehören dafür ebenso zum Handwerkszeug wie der findungsreiche Umgang mit Sprache und Dichtungstradition.

Das lyrische Sprechen von Daniela Danz in ihrem Gedichtband Pontus greift weit aus, in die Zeiten, zurück ins Archaische, Mythische, und es führt in entfernte Weltgegenden, die doch merkwürdig nah liegen. Daniela Danz befragt die Bruchstellen: von Tradition und Moderne, von Europa und Orient, von Wasser und Land. Die Dinge, die sie auf ihren poetischen Reisen „findet“, rücken in ein verzaubertes Licht, sie werden zu phantastischen Orten neuer Erinnerungen.

Ulrike Draesner: berührte orte. Luchterhand 2008

Daniela Danz: Pontus. Gedichte. Wallstein 2009

Bruno Schulz im Porträt

Ort: Literaturhaus

Moderation: Christoph W. Bauer

Gespräch mit der Übersetzerin Doreen Daume.

Bruno Schulz, geboren 1892 als Sohn eines jüdischen Tuchhändlers im galizischen Drohobycz, studierte Architektur und verdiente seinen Lebensunterhalt als Kunstlehrer an einem Gymnasium seiner Heimatstadt. 1942 wurde er auf offener Straße von einem GestapoMann erschossen. Mit seinem durch Sprachbilder bestechenden Roman Die Zimtläden wurde Schulz 1934 auf einen Schlag berühmt. Der Roman, einer der großen Kindheitsgeschichten des 20. Jahrhunderts, erzählt von der versunkenen Welt des Schtetls in Galizien.
C.W. Bauer porträtiert an diesem Abend den Autor, liest aus seinen Werken und spricht mit der Übersetzerin Doreen Daume, die für die Neuübersetzung der Zimtläden mit dem renommierten Zuger Übersetzungsstipendium ausgezeichnet wurde.

Doreen Daume, geb.1957, Studium der Musik (Klavier) und der Musikpädagogik. Unterrichtstätigkeit an diversen Schulen und Musikschulen, seit 1999 freie Übersetzerin von polnischer Literatur, vorwiegend Lyrik und Drama, u.a. Czeslaw Milosz, Ewa Lipska, Mariusz, Grzebalski, Piotr Sommer, Andrzej Kopacki.

Semier Insayif

Ort: Literaturhaus

Moderation: Klaus Zeyringer

Entlang arabischer Worte, Zeichen und Satzfetzen, die wie aus einem Nebelschleier auftauchen, begibt sich der Erzähler in Semier Insayifs Roman fārūq auf den Weg zu seinen Wurzeln. Dieser führt ihn nach Bagdad, in jene Stadt, aus der der Vater sich ein halbes Jahrhundert davor nach Wien aufgemacht hatte. Die Erinnerung führt ihn in die Heimat des Vaters, lässt ihn in eine fremdvertraute Sprache und Kultur eintreten.

Semier Insayif erzählt in rhythmisierter Prosa, in einem Strom von Handlungssträngen, die an und abschwellen, sich überlagern und kommentieren. Erinnerung wird zu Sprache, Sprache wird zu Erinnerung, sie fließen ineinander zu einer literarischen Reise zwischen den Kulturen, zu einem eindringlichen Bild von Heimat und Fremde.

Semier Insayif: fārūq  Roman. Haymon 2009

Vortrag: „Lobst du mich, dann lob‘ ich dich.“

Ort: Literaturhaus

Wie Bücher rezensiert und Literaturpreise vergeben werden

Seit einiger Zeit ist es Mode geworden, das Ende der traditionellen Literaturkritik heraufzubeschwören und deren abnehmenden Einfluss zu beklagen. Von einer wachsenden „Boulevardisierung“ ist die Rede, von Willkürlichkeit und Beliebigkeit im Rezensionswesen. Der Vortrag skizziert die aktuelle Lage der Literaturkritik im deutschsprachigen Raum und befasst sich mit den gängigsten Klischees dieser Ausprägung des Kulturpessimismus. Er beleuchtet Rolle und Bedeutung der Literaturkritik aus der Sicht von Autoren, Kritikern und Verlegern. Eine exemplarische Analyse gilt dabei dem Umgang mit Daniel Kehlmanns neuem Roman Ruhm. In einem zweiten Schritt beleuchtet Rainer Moritz die Art und Weise, wie Literaturpreise vergeben werden und wie sie Wirkung generieren – oder verpuffen. Der seit 2005 vergebene Deutsche Buchpreis wird dabei im Zentrum stehen.

Rainer Moritz, 1958 geboren in Heilbronn, leitet das Literaturhaus Hamburg. Er ist promovierter Literaturwissenschaftler und war von 1989 bis 2004 im Verlagswesen tätig, zuletzt als Programmchef des Hoffmann und Campe Verlags. Seit 1983 ist er Literaturkritiker, derzeit vor allem für Neue Zürcher Zeitung, Die Welt, Die Presse, Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur. Er ist Autor zahlreicher Publikationen, darunter zuletzt Die Überlebensbibliothek (2006) und Ich Wirtschaftswunderkind (2008).

Aleksandr Churgin

Ort: Literaturhaus

Moderation: Christine Engel

Studenten und Studentinnen des Instituts für Slawistik präsentieren ihre Übersetzungen von Texten des Autors Aleksandr Churgin.

Der russische Autor Aleksandr Churgin erzählt mit einem Augenzwinkern scheinbar alltägliche Begebenheiten aus dem neuen Russland und aus der Ukraine, die er pointiert zuspitzt und mitunter mit einen satirisch-phantastischen Anstrich versieht. Dabei nimmt er die Denkstrukturen seiner Figuren aufs Korn, die allzu oft noch in der sowjetischen Vergangenheit wurzeln. Inspirationen dafür findet er überall und sei es auf einer Busfahrt, die ihm zum Beispiel die Anfangssequenz für seine Erzählung Ein städtisches Objekt von strategischer Bedeutung beschert.

Aleksandr Churgin wurde 1952 in Moskau geboren. Er arbeitete lange als Tiefbauingenieur – auch nachdem er als Autor schon große Erfolge hatte. Für sein literarisches Werk wurde er mehrfach ausgezeichnet und seine Erzählungen erschienen nicht nur in Russland und in der Ukraine, sondern auch in Deutschland, Frankreich und Spanien. Vor einigen Jahren übersiedelte er nach Deutschland und lebt heute in Chemnitz, wo er auch die Erfahrungen seiner russischen Mitbürger literarisch verarbeitet.

Am Institut für Slawistik der Universität Innsbruck hat eine Gruppe von Studierenden mit Prof. Christine Engel einige der Kurzgeschichten Churgins in die deutsche Sprache übertragen, die an diesem Abend mit entsprechender Musik präsentiert werden. Einen passenden Ausklang findet die Lesung mit einem russischen Buffet.

Elke Erb, Barbara Hundegger, Raphael Urweider, Urs Engeler

Ort: Literaturhaus

Moderation: Urs Engeler

Ein Projekt im Rahmen der innsbrucker potentiale
Lyrik deutsch-deutsch übersetzt

In der Deutsch-Deutschen Übersetzungswerkstatt unternehmen deutschsprachige Dichter den Versuch, nicht aus einer Fremdsprache zu übersetzen, sondern Gedichte ihrer ebenfalls deutschsprachigen Autorenkollegen in ihre eigene deutsche Sprache zu „übertragen“. Diese Übertragung wird im Sinne einer Nachdichtung, einer persönlichen Nachempfindung der poetischen Sprache des anderen Dichters verstanden. Zwölf Autorinnen und Autoren sind der Einladung, unter anderem vom Verein 8ungKultur, gefolgt, die poetischen Welten ihres Gegenübers intensiv zu beleuchten und in die eigene Sprache zu übertragen. Vier davon sind am Abend präsent: Raphael Urweider und Elke Erb sowie Barbara Hundegger und Urs Engeler, der die Texte von Oswald Egger, dem „Gegenpart“ von Barbara Hundegger, lesen wird. Außerdem wird Engeler den Abend einleiten und das Gespräch moderieren.

 

Ermanno Cavazzoni

Ort: Literaturhaus

Moderation: Gerhild Fuchs

Lesung auf Deutsch: Johann Nikolussi

Originell, schräg, hintergründig und umwerfend komisch – so lauten wohl die häufigsten Zuschreibungen an Ermanno Cavazzonis Texte. Die häufig absurde Komik, die der Bologneser Autor zu inszenieren versteht, ist nie laut oder aufdringlich. Ganz im Gegenteil handelt es sich um einen leisen, dabei hochgebildeten und reflektierten Autor, der von einer konstanten Abwehrhaltung gegen alles Hochtrabende und Gelehrte in der Literatur angetrieben wird und sich daher bevorzugt den entlegenen, befremdlichen und verwunderlichen Seiten des Alltagslebens zuwendet. Der Autor präsentiert am Abend Kostproben aus Vite brevi di idioti und Gli scrittori inutili.