Veranstaltungen 2011

Friedrich Hahn, Jürgen Lagger, Peter Landerl

Ort: Literaturhaus

Moderation: Birgit Holzner

Friedrich Hahn: Von allem Ende an. Engelbert Steller ist Büchernarr. In seinem turmähnlichen Haus betreibt er einen kleinen Buchladen. Sein Leben verläuft nach außen hin ereignislos. Mit seiner Kundin, der Lebensberaterin Christa Krön, verbindet ihn ein engeres Verhältnis. Bei freundschaftlichen Treffen tauscht er sich mit ihr über Literatur, Psychoanalyse, Plastikenten und ungeschriebene Bücher aus. Dabei entwirft er sich in Skizzen und Szenen ein zweites Leben, zitiert sich aus Angelesenem eine Parallelvita und verkriecht sich in die Welt seiner Notizzettel und Skizzenbücher. Bis eines Tages für ihn die Welt einstürzt. Im wahrsten Sinn des Wortes.

Jürgen Lagger: Cittá morta. Der Roman setzt mit der Ankunft des Protagonisten am Bahnhof Roma Termini ein und begleitet selbigen dann auf seinen Streifzügen durch die Stadt. Der in bewusster Anlehnung an Thomas Manns Tod in Venedig konzipierte Roman ist ein privates Stadtprotokoll. Er versucht die Poetik des Raumes zu begreifen, nicht nur, aber auch an touristisch überlaufenen Orten, selbst dort auf der Suche nach einer immer noch vorhandenen Intimität. Für einen Roman ungewöhnlich ist seine fließende, lyrische Form, die die Flüchtigkeit des Gesagten unterstreicht. Eine dreistimmige Elegie der Stadt als lebender, damit auch verfallender Organismus: der Körper Stadt.

Peter Landerl: Strombabwärts vereinigt zehn Erzählungen, die von einem unsichtbaren Band zusammengehalten werden, das ein ganz bestimmtes Lebensgefühl ausdrückt: jenes der Generation der heute Dreißigjährigen, die von Unsicherheit, Widersprüchlichkeit und Perspektivlosigkeit geprägt ist. Die Erzählungen, die an so unterschiedlichen Orten wie Paris, Belgrad, Brüssel, Budapest spielen, sind mittels feiner Fäden miteinander verwoben, manchmal dunkler, manchmal heller. Trotz allem bleibt viel Platz für Licht und Hoffnung: So ist das Leben.

Friedrich Hahn: Von allem Ende an. Roman
Jürgen Lagger: Cittá morta. Roman 
Peter Landerl: Stromabwärts. Erzählungen
alle: edition laurin by innsbruck university press, 2010

Joseph Zoderer

Ort: Literaturhaus

Moderation: Johann Holzner

Joseph Zoderer erzählt in seinem neuen Roman Die Farben der Grausamkeit die Geschichte eines Mannes, der gefangen ist in der Sehnsucht, mehr als ein Leben, mehr als eine Liebe leben zu können: Hier das ländliche Idyll eines Bergbauernhofes, den er zum Familiennest ausgebaut hat, dort die Betriebsamkeit der Großstadt, in der er Karriere macht; hier die pragmatische Liebe zu seiner Ehefrau Selma, dort die Leidenschaft, die er für die mädchenhafte Ursula empfindet. Mit atmosphärischer Dichte und poetischer Klarheit erzählt der Südtiroler Romancier die Geschichte von den Möglichkeiten der Liebe und den Wunden, die sie schlägt, von der Sehnsucht und vom Weg eines Mannes zu sich selbst.

Joseph Zoderer: Die Farben der Grausamkeit. Roman. Haymon 2010

Subversive sex sale? Literarische Aneignungen des Obszönen

Ort: Literaturhaus

Moderation: Julia Prager

Mieze Medusa und Waltraud Mittich im Gespräch.

Läuft der Sex der Erotik in der Literatur den Rang ab? Sind „schmutzige Worte“ oder eine „Ästhetik des Hässlichen“ ein Indiz für eine emanzipatorische Bewegung der Aneignung eines „weiblichen“ Begehrens in der Schrift, möglicherweise sogar ein Instrument der Subversion, während gefühlsbetonte erotische Darstellungen in die Trivialität abdriften – und sozusagen zum Verworfenen des Kanons werden? Oder verkommt der literarische Sex gerade dann zur Ware, wenn er als omnipräsente Behauptung von Authentizität daherkommt? Zum Frühlingsbeginn lässt das Montagsfrühstück die Hüllen fallen und lädt zu einer heißen Diskussion zwischen den Autorinnen Waltraud Mittich und Mieze Medusa.

Christoph W. Bauer, Clemens Berger und Evelyn Schlag

Ort: Literaturhaus

Moderation: Anna Rottensteiner

DAS FREMDE ZUHAUS:
Annäherungen an Karl-Markus Gauß
Literatur und Kritik

Wichtige Publikationsmöglichkeit für österreichische Autorinnen und Autoren zum einen, Erkundungsort unbekannter europäischer Literaturen, bedeutendes Rezensionsmedium und potentielles Forum für Kontroversen: Seit 1991 führt Karl-Markus Gauß Literatur und Kritik, wohl eine der renommiertesten österreichischen Literaturzeitschriften, gegründet 1966 von Rudolf Henz, Gerhard Fritsch und Paul Kruntorad. Die aktuelle Nummer ist der Lyrik gewidmet. So wird am Abend, der dieser Facette literarischer Tätigkeit von Karl-Markus Gauß gewidmet ist, Clemens Berger erstmals mit Lyrik an die Öffentlichkeit treten; Christoph W. Bauer liest aus einem in Arbeit befindlichen Lyrik-Projekt, Evelyn Schlag unter anderem aus ihrem zuletzt erschienenen Lyrik-Band.

Mit freundlicher Unterstützung des Otto Müller Verlags.

Michael Köhlmeier, Karlheinz Rossbacher, Margit Schreiner, Carolina Schutti, Daniela Strigl

Ort: ORF Tirol Kulturhaus Rennweg 14

DAS FREMDE ZUHAUS
Grenzgänge zu Karl-Markus Gauß

„Sanft oder polemisch, präzise oder abschweifend, poetisch oder diskursiv: Gauß ist, zu unser aller Freude, all das zugleich.“ (Ulrich Weinzierl, Die literarische Welt). Im Buch Grenzgänge, herausgegeben von Daniela Strigl und Herbert Ohrlinger (Zsolnay 2010), versammeln sich die Stimmen von Wissenschaftlern, Kolleginnen, Kollegen und Weggefährten zu einem vielstimmigen Chor über das Werk von Karl-Markus Gauß. Ein Abend mit Gesprächen über die vielfältigen Zugänge, die Gauß’ Texte seinen Leserinnen und Lesern eröffnet.

Mit der Literaturwissenschaftlerin Daniela Strigl, den AutorInnen Michael Köhlmeier, Margit Schreiner und Carolina Schutti sowie mit Karlheinz Rossbacher, Literaturwissenschaftler.

C. H. Huber und Brita Steinwendtner

Ort: Literaturhaus

Wie vielseitig und voller Leben Lyrik sein kann, zeigt die Tiroler Autorin C. H. Huber unaufdringlich in ihrem Lyrikband die poesie der waschstraße. Dabei öffnet sie geographische Räume, von den Gebirgstälern ihrer engeren Umgebung bis ins mediterrane Ambiente griechischer Inseldörfer. Hier wie dort tastet sie kritischen Geistes Land und Leute ab, sättigt die Eindrücke mit reichhaltiger Lebenserfahrung und formt sie in Verse. Deren Machart verrät eine akribische Spracharbeiterin, die sich den Spielarten der Moderne verpflichtet hat.

Sparsamster Wortgebrauch, präziser Einsatz der formalen Mittel, suggestive Bildhaftigkeit: Wenn Brita Steinwendtner Stimmungen und Schwingungen in ihrem neuen Gedichtband Mittagsvorsatz. Noon resolution ins Lyrische überträgt, wird Sprache auf das Notwendigste reduziert. Noch der knappste Vers hat seine zwingende Melodie und entfaltet seine sinnbildliche Wirkung umso mehr, je länger man ihm nachsinnt und seinen Klang in sich wirken lässt.

Einmischung, aber schnell! Kunst und Tagespolitik

Ort: Literaturhaus

Moderation: Martin Sexl

Antonio Fian und Konrad Paul Liessmann im Gespräch

Ausgangspunkt dieses Montagsfrühstücks ist die Beobachtung, die in den Medien verschiedentlich seit einigen Jahren auch beklagt wird, dass sich SchriftstellerInnen und GeisteswissenschaftlerInnen immer weniger in (gesellschafts)politische Diskussionen einmischen würden. Es soll der Frage nachgegangen werden, ob diese Beobachtung den Tatsachen entspricht, woran dies - sofern es stimmt - liegen könnte und ob es bedenklich ist. Es geht also um Fragen nach den Formen der Einmischung der Kunst und der Wissenschaft in gesellschaftspolitische Debatten: dabei sollen grundsätzlichere Fragen (nach den Begriffen des Autors, der Autorität, der Autorisierung etc.) aufgeworfen werden. Ebenso soll das „Apolitische“ in der Literatur und Kunst konturisiert werden, indem ein historischer Vergleich mit den Zeiten eines Günter Grass, einer Christa Wolf, eines Martin Walser, eines Jean-Paul Sartre oder eines Wolf Biermann gezogen werden soll.


Antonio Fian

Ort: Literaturhaus

Die Grundform von Antonio Fians Literatur, zu der er immer wieder zurückkehrt, sind die Dramolette, die regelmäßig, zumeist im Standard, erscheinen und den Irrwitz des Alltags, der Politik und der Kultur in Fians unvergleichlichem Tonfall kenntlich machen.

Antonio Fian: Man kann nicht alles wissen. Dramolette V. Droschl 2011

Catalin Dorian Florescu

Ort: Literaturhaus

In seinem neuen großen Roman erzählt Catalin Dorian Florescu die abenteuerliche Lebensgeschichte des Jacob Obertin aus dem schwäbischen Dorf Triebswetter im rumänischen Banat. Es ist eine Geschichte von Liebe und Freundschaft, Flucht und Verrat und darüber, wie die Fähigkeit eines Menschen zu lieben ihn über alles hinwegretten kann. Jacobs Geschichte – zeitlich zwischen dem Ende der 1920er- und Anfang der 1950er-Jahre angesiedelt – weitet sich zu einem Familienepos, in dem temporeich in dichten, fantastischen Bildern das Schicksal der Obertins über 300 Jahre hinweg erzählt wird, beginnend mit dem 30jährigen Krieg in Lothringen.

Catalin Dorian Florescu: Jacob beschließt zu lieben. Roman. C. H. Beck 2011