Veranstaltungen 2014

Georg Trakl zum 100. Todestag

Ort: Literaturhaus

Vortrag, Präsentation der Innsbrucker Trakl-Ausgabe und Lesung

Begrüßungen

Wolfgang Meixner (Vizerektor der Universität Innsbruck);
Christine Oppitz-Plörer (Bürgermeisterin der Stadt Innsbruck); Karl D. Wolff (Stroemfeld-Verlag); Ulrike Tanzer (Leiterin des
Forschungsinstituts Brenner-Archiv)

Vortrag

Rüdiger Görner Georg Trakl oder: Das Gedicht als Landschaft

Präsentationen

– Eberhard Sauermann Georg Trakl: Sämtliche Werke und Briefwechsel: Innsbrucker Ausgabe. Historisch-kritische Ausgabe mit Faksimiles der handschriftlichen Texte Trakls (6 Bände und
2 Supplementbände. Basel, Frankfurt: Stroemfeld 1995–2014)

– Präsentation des Faksimiles aus dem Brenner-Archiv Nr. 10

Lesung

Helmuth A. Häusler liest Gedichte und Briefe von Georg Trakl

Buffet

Barbara Hundegger

Ort: Literaturhaus

Moderation: Donatella Trevisan

Als eine der versiertesten Lyrikerinnen Österreichs hat Barbara Hundegger sich in Sprache und Bilder von Dante Alighieris Fegefeuer /Läuterungen gestürzt. Kunstvoll verwebt Hundegger die Themen, Gefühls- und Denkwelten des großen europäischen Dichters in eine moderne lyrische Auseinandersetzung und geleitet ihre Leser_innen durch ein Fegefeuer unserer Zeit. Fragend und kritisch, unpathetisch und emanzipatorisch zeigt die Lyrikerin in ihrer Reise durch Dantes Reich, wie viel aktuelle gesellschaftspolitische Brisanz in der Göttlichen Komödie steckt – vom Raubrittertum der so genannten Eliten bis zur Vernutzung der Liebe im Kalkül. Dabei beherrscht sie es wie keine andere, mit allen sprachlichen Mitteln und Techniken von Fortschreibung, Montage, Widerspruch und Fokussierung Verse von größter atmosphärischer Dichte zu erzeugen, die vielgestaltig nachhallen.

Donatella Trevisan, Studium als Übersetzerin und Dolmetscherin in Triest, Promotion im Bereich Gehirnwissenschaften in Tübingen.

Barbara Hundegger: wie ein mensch der umdreht geht. dantes läuterungen reloaded. Gedichte. Haymon Verlag 2014

Anne Marie Pircher und Ilma Rakusa

Ort: Literaturhaus

Moderation: Barbara Siller

Im Erzählband Zu den Linien folgen Anne Marie Pirchers Protagonisten den Linien, die das Leben zeichnet: Zwei Frauen und ein Mann, die im winterlichen Val di Sela im Trentino nach den Spuren ihrer Vergangenheit suchen. Ein Wellness-Hotel in den Bergen entpuppt sich als Endstation für eine gedemütigte Ehefrau. Und unter den Klängen eines Konzerts von Maurice Ravel zerrinnt ein scheinbares Glück. Ob am westlichsten Punkt Europas oder im heimatlichen Meran, ob als Kind in Mailand oder einfach nur am Fluss entlang. Mit nüchterner Melancholie, mit Andeutung und Aussparung erzählt die Autorin von Zeiten des Übergangs, von der Komik und Tragik des scheinbar Alltäglichen – und von der Ambivalenz des Daseins.

Im Zentrum von Ilma Rakusas Erzählband Einsamkeit mit rollendem „r“ stehen Begegnungen mit Menschen und Orten, vorübergehende Aufhebungen der Einsamkeit in Zürich, Nagoya und Graz, am Mont Ventoux und im slowenischen Karst: Da ist die aus Russland nach Berlin gekommene Marja, eine passionierte Köchin, die in der Fremde erst von den Gräueln der sowjetischen Geschichte der 1930er Jahre erfährt; da ist Katica aus der ungarischen Steppe, die mit Dóra zusammen irgendwo im Westen auf der Straße Geige spielt und dann doch wieder heimkehrt nach Budapest … Es sind Menschen mit sehr gegenwärtigen Biografien, freiwillig und unfreiwillig Reisende, in vielerlei Hinsicht Entwurzelte, Suchende mit rätselhaften, oft dramatischen Schicksalen, denen sich Ilma Rakusa mit großer Diskretion und sprachlicher Sensibilität nähert.

Anne Marie Pircher: Zu den Linien. Erzählungen.

Edition Laurin 2014

Ilma Rakusa: Einsamkeit mit rollendem „r“. Erzählungen.

Literaturverlag Droschl 2014

Opferboom und Sündenbockkultur: Phänomene des 21. Jahrhunderts?

Ort: Literaturhaus

Moderation: Martin Fritz

Kirstin Breitenfellner und Andreas Oberprantacher im Gespräch

„Alle wollen Opfer sein, aber niemand will sich mehr opfern“, so heißt es in Kirstin Breitenfellners aktuellem Sachbuch Wir Opfer. Breitenfellner diagnostiziert für das 20. und 21. Jahrhundert eine zunehmende Verdrängung des „aktiven Opfers“, das sich für etwas hingibt bzw. für etwas hingegeben wird, durch das „passive Opfer“, das sich jemandem oder etwas ausgeliefert fühlt und darunter leidet. Auch wenn die Geschichte der Menschheit voll von unsinnigen aktiven Opfern ist, die Diktaturen, Kriegen oder extremer Armut ausgesetzt sind, so verwundert diese Verdrängung: Fühlen sich doch – und heute mehr denn je – viele Menschen, die man eher auf der Seite der vom Leben Begünstigten oder sogar auf der der Täter_innen sehen würde, als Opfer. Das reicht von all den überzeugten österreichischen Nationalsozialist_innen, die sich nach 1945 als Opfer deutscher Aggression empfanden, bis zu jenen, die sich versehentlich in den Finger schneiden und den Messerhersteller dafür verantwortlich machen. Über die Gründe und die Konsequenzen eines solchen Opferbooms für unsere Wohlstands- und Überflussgesellschaft diskutieren die Autorin Kirstin Breitenfellner und der Philosoph Andreas Oberprantacher.

Eine Kooperation zwischen Literaturhaus am Inn und der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Innsbruck

 

Stephan Groetzner und Georg Payr

Ort: Literaturhaus

Moderation: Rainer Götz (Literaturverlag Droschl)

So einfach können Romane sein. Stephan Groetzners So ist das ist so lapidar, wie es der Titel verspricht – aber das heißt nicht, dass es in diesem Roman nicht Ab- und Ausschweifungen mancher Art gibt, rasende Autofahrten, merkwürdige Verwechslungen, dramatische Unfälle, schöne Frauen und eigenartige Männer, dazu Landschaften, Städte, Subkulturen, Haustiere und knappe Dialoge. Unter dem Buster-Keaton-Blick von Stephan Groetzner zeigen die turbulenten Ereignisse ein sehr komisches Eigenleben. „Es lässt sich nicht leugnen, dass hier ein Sprachkünstler am Werk ist, ein Sprachberserker, der nichts von Zufälligkeiten hält.“ (Carola Leitner, Faq)

Kunst und Tabu

Ort: Literaturhaus

Moderation: Andreas Hapkemeyer

[ Kunst & Kultur im Konflikt ]

Als Waldimir Putin erklärte, dass Kunst, die für Homosexualität werbe, in Russland gesetzlich verfolgt würde, ging ein Aufschrei durch den Westen. Doch auch hierzulande gibt es immer wieder Fälle, in denen die Freiheit der Kunst für manche Menschen zu einem Problem wird. Darf Kunst alle Tabus brechen? Andreas Hapkemeyer behandelt eine Anzahl von Fällen, bei denen Kunst mit der öffentlichen Meinung bzw. mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist. Die verletzten Tabus sind primär Tod, Sexualität, religiöse und nationale Gefühle. Hierher gehört natürlich auch das Persönlichkeitsrecht. Einige Beispiele hat Hapkemeyer am Museion Bozen selbst miterlebt, 2008 führte Martin Kippenbergers gekreuzigter Frosch zu einem handfesten, von der Presse geschürten Skandal um das neu eröffnete Museion; 2011 wurden Werke der mexikanischen Künstlerin Teresa Margolles gezeigt, in denen sie mit Sekreten von Menschen arbeitete, die im Zug des mexikanischen Drogenkrieges ermordet wurden. Ist sie damit zu weit gegangen? Der Vortrag wird keine Antwort darauf geben, was Kunst darf und was nicht. Ziel ist es, im einzelnen Fall ein Für und Wider abzuwägen. Welche Tabuverletzungen sind nicht zu akzeptieren – z. B. die Verharmlosung des Nationalsozialismus oder der Pädophilie?

Lutz Seiler

Ort: Literaturhaus

Moderation: Thomas Wegmann

Als das Unglück geschieht, flieht Edgar Bendler, der Protagonist in Lutz Seilers Roman Kruso, aus seinem Leben. Er wird Abwäscher auf Hiddensee, jener legendenumwobenen Insel, die, wie es heißt, schon außerhalb der Zeit und „jenseits der Nachrichten“ liegt. Im Abwasch des Klausners, einer Kneipe hoch über dem Meer, lernt Ed Alexander Krusowitsch kennen – Kruso. Eine schwierige, zärtliche Freundschaft beginnt. Von Kruso, dem Meister und Inselpaten, wird Ed eingeweiht in die Rituale der Saisonarbeiter und die Gesetze ihrer Nächte, in denen Ed seine sexuelle Initiation erlebt. Geheimer Motor dieser Gemeinschaft ist Krusos Utopie, die verspricht, jeden Schiffbrüchigen des Landes (und des Lebens) in drei Nächten zu den „Wurzeln der Freiheit“ zu führen. Doch der Herbst 1989 erschüttert die Insel. Am Ende steht ein Kampf auf Leben und Tod – und ein Versprechen.

Lutz Seiler schlägt in seinem lang erwarteten Roman einen Bogen vom Sommer 1989 bis in die Gegenwart. Die einzigartige Recherche, die diesem Buch zugrunde liegt, folgt den Spuren jener Menschen, die bei ihrer Flucht über die Ostsee verschollen sind, und führt uns dabei bis nach Kopenhagen, in die Katakomben der dänischen Staatspolizei.

Lutz Seiler: Kruso. Roman. Suhrkamp 2014

Ludwig Wittgenstein: „Die Arbeit an der Philosophie“ als „Arbeit an Einem selbst“

Ort: Literaturhaus

Moderation: Ilse Somavilla

Es liest Johann Nikolussi.

Wittgensteins Beziehung zur Zeitschrift Der Brenner geht auf eine an den Herausgeber Ludwig von Ficker überwiesene Spende von 100.000 Kronen für „unbemittelte österreichische Künstler“ im Jahre 1914 zurück. In der Folge kam es zu einer Korrespondenz zwischen Wittgenstein und Ficker, von der seither wertvolle Briefe im Brenner-Archiv aufbewahrt sind.

1988 wurde in Wien ein umfangreiches Konvolut an Briefen, an Ludwig Wittgenstein adressiert, aufgefunden und dem Brenner-Archiv in einer Schenkung übergeben. Von da an intensivierte sich die Wittgenstein-Forschung im Archiv – mit der Herausgabe von Briefen und Tagebüchern, sowie einer elektronischen Fassung seines Gesamtbriefwechsels. Wesentlich dabei war die Erkenntnis des engen Zusammenhangs zwischen Wittgensteins Leben und Werk, die Bedeutung von Ethik und Religion sowie Kunst und Literatur für das Verständnis seiner philosophischen Gedankengänge.

Verena Roßbacher

Ort: Literaturhaus

Moderation: Gabriele Wild

Hier geht es nicht zur Sache, hier wird lange gefackelt, hier wird um den heißen Brei herumgeredet, hier werden viele Worte gemacht – und es ist ein Riesenspaß. Auch wenn Verena Roßbachers Roman Schwätzen und Schlachten mit der dramatischen Ankündigung beginnt, dass jemand umgebracht werden wird und drei junge Kerle sich als Detektive beweisen müssen, die nicht dazu taugen. Es gibt ein Hausmusiktrio, jede Menge Ungereimtheiten und dazu eine Erzählerin, die Teil des Geschehens ist und sich nach Kräften bemüht, den Überblick zu behalten … Verena Roßbacher erschafft einen ganz eigenen Kosmos, in dem ihre monomanischen Figuren darum ringen, ihre Sicht der Dinge mit der allgemeinen Verfasstheit der Welt zusammenzubringen.

Literatur vs. (Natur)wissenschaft?

Ort: Literaturhaus

Moderation: Gabriele Wild

Thomas Berger und Ernst-Wilhelm Händler im Gespräch.

Der Naturwissenschaft schreibt man häufig zu, wahre Aussagen über Faktisches und Reales zu tätigen, während im Gegensatz dazu die Literatur als Erfindung angesehen wird. Aber erfindet nicht auch die Sprache der (Natur)wissenschaft? Ist es nicht die Aufgabe des Forschenden, Modelle und Begriffe zu erfinden, mit denen wir Realität verstehen können? Und liefert nicht auch die Sprache der Literatur Modelle, mit denen wir unsere Realität erst begreifen können? Am Beispiel der Neurowissenschaften wollen wir diskutieren, wie nahe die Wissenschaft mit ihren Instrumenten tatsächlich an ihre Realität – an kognitive und neuronale Prozesse – herankommt und welche Art der Erforschung der Gedanken- und Gefühlswelt die Literatur zu bieten hat. Welche „Resultate“ liefern uns Naturwissenschaft und Literatur? Welche „Zwecke“ verfolgen sie? Wie greift die Literatur Stoffe aus den verschiedensten Wissenschaften und Lebensbereichen auf? Und inwiefern lässt sich die Wissenschaft von den Möglichkeiten und der Metaphernwelt der Literatur leiten oder beeinflussen? In diesem Montagsfrühstück machen sich der Autor Ernst-Willhem Händler und der Neurologe Thomas Berger auf die Suche nach Schnittstellen, Gegenpolen und Grenzen von Literatur und Wissenschaft.

Eine Kooperation zwischen Literaturhaus am Inn und der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Innsbruck