Blog von Clemens Berger. Folge 8: Die ewige Schande des Sebastian Kurz

Mitte März wurde bekan­nt, dass es die gute alte Kur, die neben Aufen­thal­ten an ruhi­gen Orten mit Parks, Eich­hörnchen und Ther­mal­bädern auch das unvergessliche Wort „Kurschat­ten“ gebar, dem­nächst nicht mehr geben werde. Peter McDon­ald von der ÖVP hat­te dem pro­fil schon im August 2015 erk­lärt: „In Öster­re­ich haben wir eine sehr aus­geprägte Vol­lka­sko-Men­tal­ität. Mit Gesund­heit wird schlechter umge­gan­gen wie [sic!] mit einem Auto: Viele wollen qua­si in die Werk­statt fahren und repari­ert wieder her­auskom­men – nach dem Mot­to: Ich muss nicht auf meine Gesund­heit schauen, der Staat oder die Sozialver­sicherung wird es schon für mich richt­en. Wir wollen das so ändern, dass den Men­schen bewusst wird, dass man für seine Gesund­heit auch selb­st etwas tun muss – und wir als Sozialver­sicherung müssen diesen Prozess opti­mal unter­stützen.“ Das neue Mod­ell heißt nun „Gesund­heitsvor­sorge Aktiv“: „Die Maß­nahme ist Teil der Pläne zur Anhebung des fak­tis­chen Pen­sion­santrittsalters. Ziel ist die Erhal­tung der Erwerb­s­fähigkeit und die Ver­längerung der gesun­den Leben­s­jahre.“ Auf welchem Teil des let­zten Satzes die Emphase liegt, kann man sich denken.

Das ist nur ein klein­er Baustein der schö­nen neuen türk­is­blauen Welt, in der Eigen­ver­ant­wor­tung großgeschrieben wird, solange sie der Wirtschaft und der Lohnar­beit dient. Gesund­heit ist kein Zweck für sich, son­dern ein Mit­tel zum Zweck: der gesunde Kör­p­er und der gesunde Geist im Dienst der Ökonomie.
Ein Schelm, wer denkt, dass die Abschaf­fung der Kur und ihre Erset­zung durch die „Gesund­heitsvor­sorge Aktiv“ etwas mit den dieser Tage auf Face­book auf­tauchen­den Schauer­märchen von der Mus­li­ma zu tun habe, deren Mann mit ihr auf Kur fahre, die sie aus religiösen Gründe nicht allein antreten dürfe. Das gilt laut Schauer­märchen natür­lich für alle Moslems. Und: Der Moslem, dessen Frau nicht allein auf Kur dürfe, müsse selb­stver­ständlich nichts für seinen Kuraufen­thalt zahlen. Fam­i­lienkur also, ver­mut­lich war der Fam­i­li­en­nachzug bere­its geplant — inklu­sive Schlamm­pack­un­gen, Mas­sagen, Gebet­step­pichen, schweine­fleis­chlosem Essen, Nikolo‑, Christkind- und Oster­hasen­ver­bot. Geht’s denen gut! Und den echt­en Öster­re­ich­ern wird die Kur verweigert!
Das ist das Ver­heerende an der Stim­mung, die in diesem Land — und nicht nur in diesem — herrscht. Jedes Prob­lem wird mit Ras­sis­mus beant­wortet, mit Flüchtlin­gen und dem Islam bepackt. Nach­dem Gre­gor Gysi in ein­er Fernse­hdiskus­sion über die Macht der Konz­erne, ihre Steuerver­mei­dungstricks und glob­ale Aus­beu­tungszusam­men­hänge gesprochen hat­te, rief Andreas Khol aus, als verkün­dete er ein Glaubens­beken­nt­nis: Aber es sei die Migra­tion! Für achtzig Prozent der Men­schen sei die Migra­tion die bren­nende Frage!
Da hat er aus­nahm­sweise recht: Allerd­ings waren es in erster Lin­ie seine Partei und die Frei­heitlichen, die jede soziale Frage mit Massen­zuwan­derung, Islam und Flüchtlin­gen erk­lärten. Sebas­t­ian Kurz hält sein Wort. Nach hun­dert Tagen an der Regierung wird er nicht müde, in den ersten Bilanzen zu beteuern, dass er die West­balka­n­route geschlossen habe, dass man nun dafür sorge, dass es keine weit­ere Ein­wan­derung ins Sozial­sys­tem gäbe, kurz, dass man jene Sor­gen der Men­schen, die Stra­che und er befeuert haben, anpacke: indem man die Aus­län­der­frage lösen werde.
Das ist die ewige Schande des ehe­ma­li­gen Staatssekretärs für Inte­gra­tion. Und die ewige Schande ein­er Partei, die sich an Son­nta­gen noch immer christlich nen­nt. Ostern ste­ht bevor: Vielle­icht gibt es ja auch ein­mal einen „Öster­re­ichis­chen Früh­ling“. Man wird noch träu­men dürfen!